Vortrag von Prof. Dr. Birgit Lodes (Universität Wien) am Montag, 17. Juli 2017, um 19 Uhr im Evangelischen Bildungswerk (Alumneum)
Der ungemein repräsentative Musikdruck Liber selectarum cantionum enthält auf 548 Seiten 24 Motetten (zunächst 6-, dann 5-, dann 4- stimmige). Für die Herstellung im Jahr 1520 musste man in Augsburg zunächst aufwendigst übergroße Musiktypen produzieren und versah einen Teil der Exemplare zudem mit einem siebenfarbigen Wappendruck, der sogar Gold enthält. Im Vortrag werden die aktuellen Theorien zur Motivation und Produktion dieses Ausnahmedrucks auf der Basis neuester Forschungen zusammengefasst und dabei auch eine neue These zu seiner Entstehung präsentiert. Gleichzeitig steht konkret jenes Exemplar im Mittelpunkt, das sich heute in der Staatlichen Bibliothek in Regensburg befindet: Der glagolitische Priester Stephan Konsul, der in Regensburg als Exulant lebte, schenkte es 1560 dem Rat der Stadt als Neujahrsgeschenk und versah den Band dafür mit einer ausführlichen Widmung. Ein Ausloten der Frage, inwiefern es sich „nur“ um ein prachtvolles Buchgeschenk oder aber um eine Vorlage fürs aktive Musizieren im bikonfessionellen Regensburg gehandelt haben könnte, wird den Vortrag beschließen.
Der Vortrag von Frau Prof. Lodes findet im Rahmen der öffentlichen Vortragsreihe „Musikalische Schätze in Regensburger Bibliotheken“ statt, welche das Institut für Musikwissenschaft an der Universität Regensburg in Zusammenarbeit mit der Bischöflichen Zentralbibliothek, der Staatlichen Bibliothek und der Fürst Thurn und Taxis Hofbibliothek durchführt. Die Vorträge finden jeweils montags, um 19 Uhr statt. Der Eintritt ist frei, eine Anmeldung ist nicht erforderlich.
Ziel der öffentlichen Vortragsreihe ist es, die wertvollen handschriftlichen und gedruckten Quellen, die sich in der Bischöflichen Zentralbibliothek, der Staatlichen Bibliothek und der Fürst Thurn und Taxis Hofbibliothek befinden, der breiteren Öffentlichkeit zu präsentieren. Musikwissenschaftler aus Deutschland, Österreich, England und Polen stellen jeweils repräsentative Quellen aus dem Bereich der Musiktheorie und -praxis vor. Die Vorträge behandeln so unterschiedliche Themen und Quellensorten wie Handschriftenfragmente, Prachthandschriften, Choraldrucke, Orgelpredigtdrucke, Musik zur Totenliturgie sowie das Œuvre Orlando di Lassos und des Thurn und Taxis-Hofkapellmeisters Joseph Riepel. Die Vorträge finden jeweils vor Ort statt.